Munir, Einzelhandelskaufmann

Rund 890.000 asylsuchende Menschen kamen im Jahr 2015 den Kennzahlen des BMI (Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat) zufolge nach Deutschland. Einer von ihnen war Munir Amini. Der damals 17-jährige sprach kein Wort Deutsch, kannte weder Land noch Leute und hatte außer seinen Ambitionen nicht viel im Gepäck. Heute ist er ein Beispiel dafür, was mit viel Eigenmotivation und Unterstützung an der richtigen Stelle alles möglich ist: Seit kurzem ist der junge Mann aus Afghanistan nicht nur ein ausgebildeter Einzelhandelskaufmann und eine wichtige Stütze für seine Arbeitskolleginnen und -kollegen. Er hat zudem die mittlere Reife erlangt – und weiterhin große Ziele.

Zunächst einmal galt es für ihn, Deutsch zu erlernen. „Allgemein war das mit dem Lernen zu Beginn schon ein bisschen schwierig“, sagt Amini. „Es gab viele Begriffe, die ich überhaupt nicht verstanden habe und es hat mich immer viel Zeit gekostet, die jeweils richtige Bedeutung herauszufinden.“ Geholfen hat ihm dabei zunächst der Besuch einer sogenannten InteA-Klasse („Integration durch Anschluss und Abschluss“). Auf diese Weise konnte Munir Amini in kurzer Zeit bereits einen sehr guten Hauptschulabschluss erreichen. Doch damit wollte er sich nicht begnügen, denn sein großes Ziel hatte er stets vor Augen: Er wollte unbedingt eine Ausbildung erfolgreich abschließen. Durch positive Erfahrungsberichte aus dem Bekanntenkreis hatte er vom Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e.V. in Fulda erfahren und meldete sich ab September 2018 als Teilnehmer am Projekt Wirtschaft integriert an.

Munir Amini erinnert sich: „Während der Zeit bei Wirtschaft integriert haben mir der Stützkurs und die zusätzliche Prüfungsvorbereitung besonders gut gefallen und geholfen. Als ich zum Bildungswerk kam, hat sich alles zum Positiven verändert: Mein Sprachniveau und auch meine fachsprachlichen Fähigkeiten haben sich verbessert. Die Kommunikation zwischen meiner pädagogischen Betreuerin, der Dozentin und mir verlief jederzeit sehr gut und flexibel, auch wenn ich einmal spontan zusätzliche Unterrichtseinheiten benötigt habe. Die Dozentinnen Frau Grimme-Jöckel und Frau Rahm haben sich immer viel Mühe gegeben, um uns Teilnehmern das, was im Schulunterricht nicht richtig verstanden wurde, im Rahmen des Stützkurses zu vermitteln. Durch das gesamte Angebot von Wirtschaft integriert, durch die Hilfestellung, die Stützkurse und die pädagogische Betreuung konnten meine Mitschüler und ich die Abschlussprüfungen bestehen – und all das zu Zeiten der Corona-Krise.“

Das große Ziel vor Augen half Amini stets dabei, Kurs zu halten: Er wollte eine Ausbildung abschließen. Und dies nicht etwa nur durchschnittlich, sondern überdurchschnittlich. „Dies hat mich immer motiviert, meinen Weg weiterzugehen, auch wenn ich mal ein Tief hatte. Zudem hatte ich das Glück, in solchen Phasen sowohl innerhalb meines Arbeitsteams als auch durch die pädagogische Begleitung des BWHW Unterstützung zu bekommen.“

Heute hat Munir Amini es geschafft. Er arbeitet in Vollzeit als Einzelhandelskaufmann und ist in seinem Betrieb ein wertvolles Teammitglied geworden. Durch den guten Abschluss seiner Lehre mit der Note 2,5 hat er zudem – quasi nebenbei – die mittlere Reife erlangt. Die Geschäftsleitung ist von ihm begeistert und unterstützt ihn auch bei privaten Angelegenheiten, wenn es etwa um seinen Aufenthaltsstatus oder um Angelegenheiten vor dem Verwaltungsgericht geht. Durch das außerordentliche Engagement des Betriebs, des Azubis selbst und des Bildungswerks konnte für Munir Amini eine positive und dauerhafte Bleibeperspektive geschaffen werden.

Große Ziele hat er nach wie vor. Als Nächstes möchte er das Abitur angehen, anschließend ein Studium der Betriebswirtschaftslehre aufnehmen. Denn irgendwann, „vielleicht so in zehn bis 15 Jahren“, sagt Amini, möchte er „selbst als Brückenmensch dienen und jungen Menschen helfen“. Eben so, wie auch ihm geholfen wurde.

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