Sprachförderung in der Ausbildungsbegleitung neu denken

Darmstadt-Eberstadt | Auszubildende mit Zweitsprache Deutsch stehen vor besonderen Herausforderungen in einer betrieblichen Ausbildung. Eine berufsbezogene Sprachförderung und eine bedarfsorientierte Ausbildungsbegleitung ist für diese jungen Menschen deshalb von zentraler Bedeutung für ihren Ausbildungserfolg.

Welche sprachdidaktischen Herausforderungen und Lösungsansätze dabei an den Lernorten Berufsschule und Betrieb bestehen, welche Impulse es aus Wissenschaft und Praxis zu dem Thema gibt und auf welche projektinternen Erfahrungen das Landesprojekt  zurück blicken kann – darüber informierte Wirtschaft integriert bei einem Fachgespräch in Darmstadt, in einem eher ungewöhnlichen Kontext und mit dem ein oder anderen Perspektivwechsel. Denn den passenden Rahmen für das Fachgespräch lieferte die örtliche Bäckerei Hofmann, welche seit einigen Jahren erfolgreich zugewanderte Menschen ausbildet und beschäftigt. Der Einladung gefolgt waren knapp 30 Netzwerkpartner des Projektes.  

Gudrun Reinhart, Referentin vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (HMWEVW) begrüßte die Gäste im Namen des Projekts und präsentierte eine erste Erfolgsbilanz: „In diesem Jahr ist die erste große Gruppe der von uns begleiteten Auszubildenden in die Abschlussprüfung gegangen. Von 85 Teilnehmenden haben 58 Azubis, das sind 68 %, auf Anhieb bestanden. Das ist ein schöner Erfolg. Aber es geht beim Deutschunterricht nicht nur um das Bestehen der Prüfung. Berufliches Handeln ist praktisch immer auch sprachliches Handeln. Dafür müssen sprachlichen Kompetenzen der Nicht-Muttersprachler während der Ausbildung wachsen.

„Unsere Aufgabe bei Wirtschaft integriert ist es, eine vernünftige Förderung anzubieten, von der die jungen Leute sich tatsächlich während der Ausbildung gestützt fühlen“, so Gudrun Reinhart. „Fachdidaktische und methodische Konzepte eines sprachsensiblen Unterrichts sind für uns deshalb interessant, weil sie das Sprachenlernen eng mit der beruflichen Qualifizierung verbinden.“

Es folgten Einblicke in die praktische Umsetzung einer sprachsensiblen Sprachförderung von Wirtschaft integriert von der Projektleitung und Projektmitarbeitenden des Bildungswerks der Hessischen Wirtschaft e. V. Hierbei arbeiten Sprachlehrkräfte und Fachlehrkräfte eng

zusammen und ergänzen sich. Die Sprachlehrer/innen trainieren in Kleingruppen die sprachlichen Aspekte der Berufssprache, während die Fachlehrkräfte, die für die sprachlichen Hürden des Stoffs sensibilisiert wurden, ihre fachliche Lernförderung auch mit sprachlichen Entlastungen und Stützen verbinden. Dazu wurden regionale Multiplikator/-innen ausgewählt und ausgebildet, die die Lehrkräfte und Ausbilder/-innen vor Ort zur Durchführung eines sprachsensibleren Unterrichts qualifizieren, deren Kooperation begleiten, beraten und mit geeigneten Materialien und/oder Hilfestellungen unterstützen.

Praxisorientierte Wissenschaftler/-innen gaben anschließend einen Einblick in die zugrunde liegenden Ansätze und wichtige Impulse zu bestehenden Handlungsbedarfen. Der renommierte Experte Prof. Dr. Leisen widmete sich dem Thema „Sprache im Beruf“ versus „Berufssprache“ und der Frage, warum der sprachsensible Unterricht auch in der Ausbildung unverzichtbar ist und welche Herausforderungen beispielsweise in Prüfungen für Nicht-Muttersprachler bestehen. Veronika Vössing von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn reflektierte ihre Erfahrungen aus einem Weiterbildungsprogramm für Berufsschullehrkräfte und Ausbildende. Sie gab dabei Antworten auf die Fragen, wie eine Sensibilisierung für sprachliche Hürden in der Ausbildung gestaltet werden kann und wie Lehrkräfte und Ausbildende zeitschonende sprachliche Angebote beim Lernen im Fach machen bzw. sprachsensibel unterrichten können. Dr. Meta Cehak-Behrmann von FaberiS® legte den Fokus auf die betriebliche Seite und stellte ihr Modell für Berufsintegriertes Sprachlernen vor, das sich in laufende Arbeits- und Ausbildungsprozesse einbinden lässt.

Wichtig für den Ausbildungserfolg ist die Einbindung der Betriebe in die Sprachförderung, auch darin waren sich alle Experte/-innen einig. „Sprache wird dort am besten gelernt, wo sie gebraucht wird und das ist insbesondere im Betrieb, am Arbeitsplatz.“

Die Beiträge wurden abgerundet durch Erfahrungsberichte von Martina Ecker-Link von der Friedrich-List-Schule Wiesbaden, Michael Hofmann von der Bäckerei Hofmann und Sabine Ahl von der Firma Fischer-Ahl in Darmstadt. Während Frau Ecker-Link auf den in Hessen verankerten zweiten Berufsschultags einging, wurde in der Diskussion mit Frau Ahl und Herr Hofmann deutlich, dass jeder Betrieb schon durch kleine Hilfestellungen viel bewegen kann, um seine Auszubildenden beim Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen. Die Betriebe waren sich jedoch einig, dass es für die Beteiligten darüber hinaus transparenter und geeigneter Förder- und Unterstützungsmaßnahmen bedarf.

Bei der abschließenden Diskussion wurde deutlich, dass es bereits viele wichtige Hilfestellungen und erfolgsversprechende Ansätze im Rahmen der berufsbezogenen Sprachförderung und des Sprachsensiblen Unterrichts gibt. Gleichzeitig können aber noch nicht alle davon profitieren und die flächendeckende Umsetzung an allen Lernorten ist mitunter eine Herausforderung. Passend zum Thema Digitalisierung wurde die Idee eines „Care Pakets“ für Betriebe u. a. in Form eines Web-Based-Trainings aufgeworfen. Das Wirtschaft integriert-Team ist gern bereit hier aktiv zu werden und wird im Frühjahr 2020 erste Arbeitsergebnisse vorstellen. Einig waren alle Anwesenden, dass das Fachgespräch wertvolle Impulse für die eigene Arbeit lieferte. 

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